Kapitel 13 - Tomorrow never dies –
Kadett Calvin Nathan Cat, Callsign „ Author “, schob nachdenklich das Kinn nach vorne. Wenn es einen Lagebericht gab, der eigentlich nur vier Worte beinhalten könnte, dann war es dieser. Cal stand inzwischen an der Kommando- und Kontrollstation, eben jener Kombination aus sechseckigem Tisch und stalaktiten-gleich herabragender, den DRADIS-Monitor beinhaltenden Säule, an dem normalerweise Admiral Adama und Saul Tigh ihren Dienst versahen. Momentan war dieser Posten allerdings von der Sternenflotten-Commander Agatha Silverbird besetzt, ebenso wie von Starbuck, Athena , Sternenflotten Lieutenant Commander Sebastian „Scotty“ Middlegate, Galen Tyrol, Author selbst und Bullseye .
Die XO der DRAGONFLY räusperte sich und blickte in die Runde.
„Statusbericht?“, fragte sie, was Cal dazu brachte, wie in der Schule „aufzuzeigen“ und dann, als sie ihn anblickte, lächelnd zu sagen: „Nur – falls Sie das weiter machen wollen: Das heißt Sit-Rep. Also Situation Report.“
Die Commander bedachte ihn mit einem Blick, schüttelte dann den Kopf, wobei ihre roten Haare die Bewegung mitmachten, und lachte dann kurz, hart und freudlos auf: „Wenn das unsere ganzen Probleme sind, haben wir ja richtig Schwein gehabt, was Cal?“
In diesem Moment wurde dem Piloten klar, dass er sich da ein wenig sehr weit aus dem Fenster gelehnt hatte, räusperte sich ebenfalls und versuchte, seiner Stimme tatsächlich den Tonfall zu verleihen, den er mit den Worten ausdrücken wollte: „Es tut mir leid – ich wollte Sie nicht…“
„Ist schon gut, Cal.“, zuckte die XO mit den Schultern: „Ich bin noch neu im Geschäft – zumindest noch neu in dieser Filliale, wenn wir so wollen.“
Damit wandte sie sich an Tyol: „Sie sind der Chefingenieur?“
„Yesma’am.“, erwiderte der Angesprochene und „Scotty“ schaute zuerst zu seinem Kollegen und dann zu Agatha: „Du solltest den Maschinenraum sehen. Ich hab noch niemals sowas…“
„Später, Scotty, ja?“, ließ sich die XO vernehmen und schaute dann erneut Tyrol an: „Wie sind wir aufgestellt?“
Der Chefingenieur der GALACTICA holte tief Luft, räusperte sich kurz und warf dann einen Blick in die Runde: „Wir haben die Backbord-Landebucht verloren – mal wieder. Aber das stellt noch nicht mal das größte Problem dar.“
„Nicht?“, hob Cal eine Augenbraue, was in einer Kopfnuss seitens Starbuck endete, ebenso wie dem Satz: „Cat, benehmen Sie sich.“
Auch Tyrol blickte Cal an, zuckte dann mit den Schultern und wandte sich wieder an Agatha: „Ich weiß nicht, ob sie sich mit unseren Antriebssystemen auskennen, aber wir verwenden eine Substanz die Tylium genannt wird, um unsere Schiffe zu betreiben.“
„Ein bischen so wie unser Dilithium.“, vermerkte Scotty, was Agatha zu einem Grinsen hinriss: „Soweit war ich auch schon, danke für den Tipp.“
„Das Problem“, setzte Tyrol wieder an und wusste, sich damit sämtlicher Aufmerksamkeit sicher zu sein, „Ist, dass der Angriff ihrer DRAGONFLY auch einige Tyliumleitungen beschädigt hatte. Dadurch hatte sich eine nicht gerade geringe Menge Tylium entzündet – das war der Grund für einige der Sekundärexplosionen. Zwar konnten wir das Schiff vor der Zerstörung bewahren und auch die Feuer löschen, aber, es stellt sich natürlich die Frage, wo wir neues Tylium herbekommen können.“
„Das dürfte das geringe Problem sein.“, meldete sich Sharon und schaute in die Runde, „In der Nähe ist ein Planet, der reich an Tyliumerz ist, das nur noch verarbeitet werden muss.“
„Wie groß ist das Vorkommen?“, fragte Agatha an Bord der GALACTICA und blätterte in mehreren Berichten herum, die sie vorher angefordert hatte. Missionsberichte, besonders die Tyliumschürfaktion hatte es ihr angetan.
Sharon lächelte ihr zu: „Genug Tylium, um die GALACTICA wieder auf Vordermann zu bringen. Cal, ich hatte Dir doch gerade noch von dem Planeten erzählt.“
„Richtig, richtig – da is genug Tylium. Und das is noch nich alles..“, meldete Cal und wippte amüsiert auf und ab.
Agatha wandte sich ihm zu und hob eine Augenbraue. Er erinnerte sie viel zu sehr an ihren Captain.
Dennoch fragte sie, um Beherrschung bemüht: „Ja?“
„Ja, nicht nur, das es auf diesem Planeten Tylium gibt, dieser Planet hat auch noch eine Lebensfreundliche Atmosphäre.“, lächelte der Kadett.
Agatha runzelte die Stirn: „Klasse M?“
„Ma’am, ich weiß nicht, was sie damit sagen wollen.“, sagte Cal und zuckte mit den Schultern.
„Verzeihen Sie mir, Kadett. Klasse M, Mi’shara-Klasse, bedeutet, ‘lebensfreundliche Atmosphäre, relativ stabile Umwelt.`“, erklärte Agatha und Cal nickte: „Dann ist dieser Planet Klasse M.“
Sharon schaute die beiden an: „Ich möchte nicht vorzeitig die Laune ruinieren, aber wenn ich die zylonischen Navigationskarten noch genau im Kopf habe - und da bin ich mir sicher - ist dieser Planet auf einer der Flugrouten der Zylonen zu finden. Aus diesem Grunde hatte ich den Planeten verschwiegen - ich wollte nicht, dass die Flotte in die Hand der Zylonen gerät.“
Agatha seufzte und schaute Sharon an: „Wenn ich das alles richtig übersehe, brauchen wir das Tylium von diesem Planeten. Es führt kein Weg dran vorbei - wir müssen da hin.“
Cal räusperte sich: „Das mag ja alles gut und schön sein - aber falls Sie sich erinnern, Commander, haben wir eine offene Wunde auf der linken Seite. Die Backbordgondel ist vom Hauptrumpf abgetrennt - ohne diese dürfte ein Sprung sehr schwierig werden. Kurz gesagt- würde ich sagen - sitzen wir hier fest.“
„Nicht zwangsläufig.“, erklang die Stimme Tyrols, der sich anschließend in einem langen Monolog mit etlichen Fremdwörtern versehen über die Möglichkeiten, referierte, die Steuerbordgondel an die GALACTICA anzudocken. Zunächstmal bestand dieser Teil des Schiffes aus sogenannten Soll-Bruch-Stellen, das heißt, das Schiff war dazu ausgelegt, die Steuerbord- und die Backbordgondel im Bedarfsfall abzuwerfen. Diese wären mit einigen gut plazierten Enterhaken sehr leicht wieder an den Rumpf der GALACTICA anzudocken.
Sharon blickte in die Runde, schaute den Kadetten an, der sich gerade nachdenklich am Kopf kratzte.
„Alles in Ordnung, Cal?“
„Ich weiß nicht.“, gab der Kadett zu, „Ich – ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher. Ich meine, die Zylonen hatten uns, mithilfe des Föderationsschiffes DRAGONFLY in den Allerwertesten getreten und waren dann aus dem System gesprungen.“
„Jaaa?“, fragte Sharon, „Ich weiß, ich war dabei. Wo ist dein Problem?“
„Nun, ich stell mir nur die Frage: Warum haben sie das getan? Warum sind sie abgehauen?
Warum? Warum hatte man nicht die Gelegenheit genutzt, und den kompletten Konvoy zerstört? Was treibt die Zylonen an?“
Die hübsche Asiatin schaute ihn an: „Cal? Du hast doch viele Bücher geschrieben – überleg mal. Was könnte der Plan sein?“
Sie anblickend zuckte der Kadett mit den Schultern: „Wenn ich das nur wüsste.“
Nach einigen Stunden waren die Arbeiten an der GALACTICA abgeschlossen.
Dennoch war nicht allen nach Feiern zu mute.
Agatha stand im voll funktionsfähigen CIC und schluckte, kämpfte mit Macht die Tränen nieder, die ihr jetzt in die Augen stiegen.
Ihr Captain, ihr Freund, nicht nur ihr Bester Freund, sondern der Mann, den sie liebte, war fort.
Eigentlich wollte sie ab diesem Punkt nicht mehr - sie wollte das Kommando irgendjemand anderem überlassen. Starbuck beispielsweise - sie gehörte gar nicht hierher, wie konnte sie es sich anmaßen, an Bord dieses Schiffes, auf dem jetzt alles wieder seinen geregelten Gang ging, das Kommando führen zu wollen?
‘Du bist ein Dummkopf, Agatha.’, glaubte sie die Stimme Cals zu hören.
Der Kopf des ersten Offiziers ruckte hoch und sie glaubte tatsächlich, dort, im Halbschatten, die vertraute Gestalt Cals zu sehen, der sich, lässig an eine Konsole gelehnt hatte, das eine Bein auf dem Boden, das andere gegen die Wand gestemmt, die Arme verschränkt und den Kopf gen Boden gerichtet.
‘Cal’, war alles, was sie murmeln konnte.
Die Gestalt richtete sich auf.
„Ich gehe, und schau dir den Trouble an, in dem du steckst.“, erklang die Stimme aus dem Halbschatten.
Der erste Offizier wusste natürlich, das dies unmöglich sein konnte. Cal war fort - er war fort... War er doch, oder?
Sie fokussierte den Blick in den Halbschatten. Die Gestalt war immer noch da, aber, sie hatte das Gefühl, irgendwas stimme nicht.
Der Captain stieß sich von der Wand ab, wandte seinen kompletten Körper ihr zu und trat den entscheidenden Schritt ins grelle Licht der Wahrheit und der Realität. Oder vielmehr, in die normal-helle Brückenbeleuchtung.
Doch, kaum, dass er den Halbschatten verließ, verschwand sein Körper, wurde aus dem vermeintlich materiellen genau das Immaterielle, von dem sie eigentlich gefürchtet hatte, das er es wäre. Ein Hirngespinst, ein Alpdruck, ein Nachtmahr.
„Konzentriere dich, Darling. Nur so findest Du deinen Weg.“
Das waren die letzten Worte, die er ihr sagte, ehe er sich komplett aufgelöst hatte.
Sie merkte, wie eine salzige Träne ihre Wange herunterlief, wusste, dass ihr Mund sich nun verzog und wusste, dass ihr Körper nun in Zuckungen ausbrechen würde.
‘Cal, komm zurück!’, schoss es ihr durch den Kopf.
Wie schnell sich dieser Wunsch erfüllen würde, konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen - auch nicht, das die Rückkehr des Captains nicht mit der Freude und der Liebe einherging, von der sie hoffte, dass sie es tat. Doch dazu später mehr.
Die DRAGONFLY war auf Warpgeschwindigkeit gesprungen.
Das fühlte der Captain, während er aufwachte.
Woher er das wusste? Ein Captain hat für solche Geschwindigkeitsveränderungen ein Gespür.
Noch bevor der Captain richtig wach war, wusste er, dass sie auf Warp 9 beschleunigt hatten und da kein Alarm losheulte, ging er auch nicht von einem Alarmstart aus.
Was bedeutete: Irgendjemand hatte auf der Brücke verdammt gute Gründe, auf Warp 9 zu beschleunigen.
„Brücke für Captain Cat.“, erklang es aus dem Komm-Lautsprecher.
‘Und ich hatte gerade so einen schönen Traum.“, murmelte er, erhob sich und ging, schweren Schrittes, zum Kommunikationsterminal.
Er schaltete es ein und das wunderschöne Gesicht Agatha Silverbirds erschien auf dem Bildschirm.
Gab es eigentlich Zeiten, in denen sie schlief?
„Ja, Agatha, was gibt es?“, fragte er und merkte, wie ihn der Blick in das Gesicht der hübschen Frau in Mitleidenschaft zog. Es könnte natürlich auch an dem Traum liegen, den er hatte, in dem sie, in diesem roten Kleid, das Natasi getragen hatte, vor ihm stand und ihn, genau wie Natasi, zu verführen versuchte. Der Unterschied zwischen ihr und der Blonden, war, das er es bei Agatha durchaus zulassen würde.
„Sir, Botschafterin Godefrey befahl einen Sprung auf Warp 9.“, sagte Agatha und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
Godefrey also - Natasi. Na, super.
„Sie ist der Botschafter. Seit wann haben Botschafter diesbezügliche Weisungsberechtigung?“, fragte Cal mit einem, selbst für ihn ungewohnten, scharfen Kommandantentonfall, von dem er stolz war, ihn tatsächlich einmal benutzt zu haben.. Die Kamera, die Agathas Gesicht einfing, fuhr ein wenig zurück, sodass die komplette Brücke gezeigt wurde.
Natasi Godefrey saß, in ihrem knappen, roten Kleidchen, das er an Agathas weiblichem Körper gerne gesehen hätte, die langen, makellosen Beine übereinandergeschlagen, in seinem Sessel und blickte ernst drein.
„Wir haben einen Priorität Alpha Notruf von Aussenposten 3 erhalten.“, sagte sie und Cal überlegte.
Aussenposten 3? Irgendwoher kam ihm das bekannt vor, aber, woher, das wusste er nicht so recht.
„Priorität Alpha?“; fragte Cal und runzelte die Stirn.
Ein solcher Notruf wurde nichtmal bei einem extraterrestrischen Angriff gestattet, was bedeutete - Aussenposten 3 war in enormen Schwierigkeiten.
„Ich bin sofort da.“, sagte er, beendete die Verbindung und machte sich auf den Weg zur Brücke.
Schon im Turbolift stehend, bemerkte er, das es dem Captain der DRAGONFLY wohl besser zu Gesicht stünde, die Brücke nicht nur in Schlafanzughose und Pantoffeln zu betreten, schon gar nicht, wenn Agatha Silverbird in der Nähe war. Schnellen Schrittes eilte er zurück in sein Quartier, um sich umzuziehen.
Nach ungefähr 3 Stunden Flugzeit war man nur noch wenige Lichtjahre von Aussenposten 3 entfernt, konnte also schon auf aktive Sensorik umschalten.
Cal richtete sich auf und wandte sich an seinen taktischen Offizier: „Jill! Aktive Sensorik. Scanne nach feindlichen Schiffen, Sternenbasen, Raumstationen und was sonst noch so feindlich sein kann.“
„Sir, ich empfange einen Ruf von Aussenposten 3.“
„Auf den Schirm.“, befahl Cal und das Bild veränderte sich.
Aussenposten 3, eine offenbar nicht mehr ganz auf dem Neuesten Stand der Technik befindliche Sternenbasis, war in arge Mitleidenschaft gezogen worden.
Ein älterer Herr um die Sechzig herum saß inmitten von Trümmern, die offenbar sein Büro darstellten.
Beziehungsweise, was davon übrig war.
Er sprach, aber was er sagte, war nicht zu hören.
„Jill, was stimmt mit dem Ton nicht?“, fragte Cal und wandte sich an seine Taktikerin. Diese zuckte mit den Schultern: „Ich habe keine Ahnung, der Ton ist da. Wir müssten etwas hören.“
Dann, mit einem lauten Knall, war der Ton wieder da.
„… ich wiederhole, hier ist Sternbasis Aussenposten 3!“
Cal räusperte sich: „Ich bin Captain Calvin Cat von der USS DRAGONFLY . Was ist der Grund für ihren Notruf?“
„Wir werden angegriffen. Sie kommen ganz sicher aus dem outer rim.“, sagte der Kommandant von Aussenposten 3.
‘Der Outer Rim?’, dachte sich Cal, ‘der äußerste Rand? Was war los? Eine der Randwelten machte mobil?’
„Können Sie uns genauere Spezifikationen des Feindschiffes nennen?“, fragte Cal.
Der Commander der Starbase überlegte kurz: „Es war ein Kampfschiff. Ganz eindeutig. Ich habe so etwas vorher noch nie gesehen. Es kam auf uns zu, feuerte, dann war es wieder verschwunden. Aber es ist noch irgendwo hier, meine Sensoren zeigen das an.“
Ein starkes Gefühl eines Déjà-vu schlich sich in Cals Kopf.
Hier stimmte was nicht.
„Da, es kommt wieder!“, sagte der Kommandant von Aussenposten 3, „Warten Sie, ich zeige Ihnen das, was wir sehen.“
Und dann verschwamm der Bildschirm, und man konnte deutlich sehen, wie im Zentrum des pechschwarzen Alls eine kleine Turbulenz erschien, die immer größer wurde, bis schließlich ein Raumschiff erschien.
„ DRAGONFLY , können Sie uns helfen?“, erklang die Stimme des Kommandanten.
Cal hieb auf den Kommunikationsknopf, der ihn zum Maschinenraum durchstellen sollte: „Scotty, ich brauche mehr Energie!“
„Du hast schon alles, was wir anbieten können. Wenn du noch mehr bekommst, hast du n schönen Warp-Kern-Bruch.“, sagte der Chefingenieur und der Captain seufzte schwer: „Alles klar, vergiss den Befehl!“
„Sie feuern!“, sagte Jill und Cal konnte erkennen, wie tatsächlich eine Art Feuerball auf die Station zuraste.
Er merkte, wie ihm übel wurde und er wusste, das er das, was nun kam, nicht sehen und noch weniger seine Crew zumuten wollte.
„Verbindung beenden.“, sagte der Captain und irgendwie wusste er, das etwas ganz deutlich nicht stimmte.
Der Kadett stand unter der Dusche und rieb seinen Körper großzügig mit Duschgel ein, als die Tür aufging und Agatha Silverbird in selbiger stand.
Cal fuhr erschrocken herum und griff nach einem Handtuch, um seine Blöße zu bedecken.
Der erste Offizier der DRAGONFLY gab auch einen Laut der Überraschung von sich und hielt sich die Hand vor die Augen.
„Entschuldigung.“, sagte sie.
„Ich sehe, in ihrem Universum klopft man nicht mehr an?“, fragte Cal, der inzwischen sehr errötet war.
Agatha lächelte: „Eigentlich schon, aber, ich glaube…“
„Sagen Sie nicht, dass sie sich verlaufen haben.“, grinste nun Cal, schnell die Reste des Duschgels abwaschend und dann, das Handtuch vor seine Scham haltend, zur Bank gehend, wo er seine Kleidung abgelegt hatte.
Er zog sich schnell die Unterhose und die Hose an, bevor er sich an Agatha wandte: „Sie können die Hände wieder runternehmen, ich bin soweit angezogen.“
Damit zog er sich auch sein Unterhemd, sowie sein Uniformhemd an, bevor er die Uniformjacke drüberzog.
„Eigentlich wollte ich duschen.“, sagte Agatha und Cal deutete auf die Kabine: „Jetzt ist ja frei. Ich häng das Schild ‘Bitte nicht stören’ draußen an, okay?“
„Das klingt nach einer Idee.“, grinste der erste Offizier der DRAGONFLY und begann damit, sich auszuziehen.
„Commander, wo wir gerade so in vertrauter Runde beisammensitzen: Haben Sie schon mal daran gedacht, dass sie in dieser Montur nicht gerade Befehlskompetent wirken?“, fragte Cal und Agatha, die sich gerade ihr Oberteil ausgezogen hatte, warf einen Blick an sich herunter.
„Na, momentan steh ich ja nur im BH da.“, grinste sie und deutete Cal an, das es ihm jetzt mehr als frei stand, zu gehen.
Der Kadett verstand die Aufforderung, verließ den Raum, drehte sich jedoch in der Tür nochmal um, um ihren Körper zu bewundern, bevor er sagte: „Das meinte ich auch eigentlich nicht. Ich dachte da an eine koloniale Uniform.“
„Raus!“, sagte Agatha und öffnete ihren BH.
Cal gehorchte, hängte tatsächlich ein „Bitte nicht Stören“-Schild an die Tür und ging dann seines Weges - in sein Quartier.
Agatha schaute ihm verwirrt hinterher, stieg aus ihrer engen Hose, entledigte sich ihres Höschens, ihrer Socken und stieg dann, nackt, wie Gott sie geschaffen hatte, unter die Dusche, um sich ein wenig zu entspannen.
Im Besprechungsraum der DRAGONFLY war die Situation mit „angespannt“ noch ziemlich euphemistisch umschrieben. Cal saß am Kopf des Tisches, blickte in angespannte Gesichter und knirschte mit den Zähnen, was ihm einen wütenden Seitenblick von Agatha eintrug: „Cal, Gina hat Dir doch gesagt, dass Du aufpassen sollst! Wenn Du nicht enden willst wie Special Agent Zahnlücke, dann – bitte – achte auf dein Dentin und auf deine Zahnhartsubstanz.“
Die bloße Erwähnung Gibbs ließ ein Lächeln über das Gesicht des Captains laufen.
Irgendwie war die Sache, obwohl sie erst ein paar Wochen zurücklag, schon wieder viel zu lange her und irgendwie erschien ihm die Verfolgung eines sich dauerwandelnden Traceless, der gerne auch mal mit seinem Gesicht durch die Gegend lief, deutlich einfacher, als die aktuelle Situation. Gerade hatte ein Schiff unbekannter Konfiguration Erdaussenposten 3 in seine Bestandteile zerlegt und in Cals Hirn meldete sich eine verdammt laute Alarmsirene, dass er die Situation irgendwoher kannte.
Aber woher?
Und wo man schon einmal dabei war: Was brachte es, zu wissen, woher die Situation bekannt war, wenn man mit ihr nicht klarkam?
„Captain?“, riss ihn die sanfte Stimme seiner XO aus den Gedanken, „haben Sie uns gerade zugehört?“
„Natürlich nicht – die Frage hätte sie sich auch schenken können.“, fuhr es dem Kommandanten durch den Kopf, aber da er nicht vorhatte, die heutige Nacht auf der Couch zu verbringen, räusperte er sich und schaute ihr in die faszinierend-grünen Augen: „Bitte, ich war gerade ein wenig abgelenkt. Würde es Dir etwas ausmachen, dich nochmal zu wiederholen?“
Und dann sah er, wie sie ihre hübschen Augen rollte, hörte, wie sie genervt Luft ausstieß und sah, wie sie sich vorbeugte, die Hände auf die Tischplatte gestützt.
„Gut, dann hör mal genau zu.“, sagte sie und begann ihren Vortrag.
Der Captain folgte ihr mit den Augen, während sie aufstand, im Raum auf und ab ging, an den Bildschirm trat und ihn bediente.
„Ich nehme nicht an, dass Du dieses Schiff schon einmal gesehen hast?“, fragte sie und Cals Augen richteten sich auf das abgebildete Raumgefährt aus. „Naja, ich wüsste nicht, woher ich das Ding kennen sollte, aber es kommt mir tatsächlich irgendwie…“, setzte er an, zuckte dann mit den Schultern, ehe er fortfuhr: „also sehr vage bekannt vor. Könnte sein, dass ich es in den Schiffsdatenbanken mal gesehen hätte, aber… so jetzt nicht. Wieso fragst du?“
Und dann traf es ihn wie ein Schlag.
‚Merkwürdig’, schoss es Cal durch den Kopf, als er die nächste Frage stellte, die erfahrungsgemäß in dieser Situation immer passte: „Ich weiß, der Satz ist ein Klischee, aber – wer sind Sie und wo bin ich hier?“
„Dieser Satz ist wirklich ein Klischee.“, sagte sein Gegenüber und der Captain konnte sehen, wie ein gewisses amüsiertes Funkeln in Narbengesichts Augen zu bemerken war: „Sie sind auf dem Kampfstern GALACTICA . Mein Name ist Admiral William Adama.“
Cals Kopf ruckte hoch: „Erm… könnte es sich dabei um die GALACTICA handeln?“
Und von einer Sekunde auf die andere erstarrte Agatha Silverbird, schien, durch ihn hindurch zu blicken, ehe sie kurz zu Natasi blickte, die einfach nur ruhig und gelassen nickte, ehe sie sich aufrichtete und den Captain anschaute: „In der Tat. Das ist die GALACTICA .“
Cal sprang auf und schaute Natasi an. Gerade in diesem Moment erkannte er, was hier geschah, wo er war und was passierte.
Und jeder Satz, den er hätte sagen können, machte die ganze Situation lächerlich.
Er konnte ein schockiertes „Sie haben uns betäubt und hergebracht!“ schreien, aber er hatte das Gefühl, dass dies nichts bringen würde.
Stattdessen starrte er Natasi an, die sich auf den Tisch stützte: „Ich glaube, Captain – das war zu einfach, oder?“
Ein einfacher Fluchtreflex ergriff Besitz vom Körper des Captain, er trat einen Schritt zurück, bis er von zwei unglaublich sanften Händen gepackt und festgehalten wurde. Des Captains Kopf wirbelte herum und er sah in die grasgrünen Augen seiner XO, die ihn sanft und zärtlich anlächelte: „Keine Sorge, Cal – es ist alles in Ordnung.“
„Wie kannst Du da sagen, es ist alles in Ordnung?! Sie hat uns reingelegt!“, stieß der Captain hervor und Agatha zwinkerte ihm zu: „Nur dich, Cal. Und jetzt schlaf.“
TBC
Kadett Calvin Nathan Cat, Callsign „ Author “, schob nachdenklich das Kinn nach vorne. Wenn es einen Lagebericht gab, der eigentlich nur vier Worte beinhalten könnte, dann war es dieser. Cal stand inzwischen an der Kommando- und Kontrollstation, eben jener Kombination aus sechseckigem Tisch und stalaktiten-gleich herabragender, den DRADIS-Monitor beinhaltenden Säule, an dem normalerweise Admiral Adama und Saul Tigh ihren Dienst versahen. Momentan war dieser Posten allerdings von der Sternenflotten-Commander Agatha Silverbird besetzt, ebenso wie von Starbuck, Athena , Sternenflotten Lieutenant Commander Sebastian „Scotty“ Middlegate, Galen Tyrol, Author selbst und Bullseye .
Die XO der DRAGONFLY räusperte sich und blickte in die Runde.
„Statusbericht?“, fragte sie, was Cal dazu brachte, wie in der Schule „aufzuzeigen“ und dann, als sie ihn anblickte, lächelnd zu sagen: „Nur – falls Sie das weiter machen wollen: Das heißt Sit-Rep. Also Situation Report.“
Die Commander bedachte ihn mit einem Blick, schüttelte dann den Kopf, wobei ihre roten Haare die Bewegung mitmachten, und lachte dann kurz, hart und freudlos auf: „Wenn das unsere ganzen Probleme sind, haben wir ja richtig Schwein gehabt, was Cal?“
In diesem Moment wurde dem Piloten klar, dass er sich da ein wenig sehr weit aus dem Fenster gelehnt hatte, räusperte sich ebenfalls und versuchte, seiner Stimme tatsächlich den Tonfall zu verleihen, den er mit den Worten ausdrücken wollte: „Es tut mir leid – ich wollte Sie nicht…“
„Ist schon gut, Cal.“, zuckte die XO mit den Schultern: „Ich bin noch neu im Geschäft – zumindest noch neu in dieser Filliale, wenn wir so wollen.“
Damit wandte sie sich an Tyol: „Sie sind der Chefingenieur?“
„Yesma’am.“, erwiderte der Angesprochene und „Scotty“ schaute zuerst zu seinem Kollegen und dann zu Agatha: „Du solltest den Maschinenraum sehen. Ich hab noch niemals sowas…“
„Später, Scotty, ja?“, ließ sich die XO vernehmen und schaute dann erneut Tyrol an: „Wie sind wir aufgestellt?“
Der Chefingenieur der GALACTICA holte tief Luft, räusperte sich kurz und warf dann einen Blick in die Runde: „Wir haben die Backbord-Landebucht verloren – mal wieder. Aber das stellt noch nicht mal das größte Problem dar.“
„Nicht?“, hob Cal eine Augenbraue, was in einer Kopfnuss seitens Starbuck endete, ebenso wie dem Satz: „Cat, benehmen Sie sich.“
Auch Tyrol blickte Cal an, zuckte dann mit den Schultern und wandte sich wieder an Agatha: „Ich weiß nicht, ob sie sich mit unseren Antriebssystemen auskennen, aber wir verwenden eine Substanz die Tylium genannt wird, um unsere Schiffe zu betreiben.“
„Ein bischen so wie unser Dilithium.“, vermerkte Scotty, was Agatha zu einem Grinsen hinriss: „Soweit war ich auch schon, danke für den Tipp.“
„Das Problem“, setzte Tyrol wieder an und wusste, sich damit sämtlicher Aufmerksamkeit sicher zu sein, „Ist, dass der Angriff ihrer DRAGONFLY auch einige Tyliumleitungen beschädigt hatte. Dadurch hatte sich eine nicht gerade geringe Menge Tylium entzündet – das war der Grund für einige der Sekundärexplosionen. Zwar konnten wir das Schiff vor der Zerstörung bewahren und auch die Feuer löschen, aber, es stellt sich natürlich die Frage, wo wir neues Tylium herbekommen können.“
„Das dürfte das geringe Problem sein.“, meldete sich Sharon und schaute in die Runde, „In der Nähe ist ein Planet, der reich an Tyliumerz ist, das nur noch verarbeitet werden muss.“
„Wie groß ist das Vorkommen?“, fragte Agatha an Bord der GALACTICA und blätterte in mehreren Berichten herum, die sie vorher angefordert hatte. Missionsberichte, besonders die Tyliumschürfaktion hatte es ihr angetan.
Sharon lächelte ihr zu: „Genug Tylium, um die GALACTICA wieder auf Vordermann zu bringen. Cal, ich hatte Dir doch gerade noch von dem Planeten erzählt.“
„Richtig, richtig – da is genug Tylium. Und das is noch nich alles..“, meldete Cal und wippte amüsiert auf und ab.
Agatha wandte sich ihm zu und hob eine Augenbraue. Er erinnerte sie viel zu sehr an ihren Captain.
Dennoch fragte sie, um Beherrschung bemüht: „Ja?“
„Ja, nicht nur, das es auf diesem Planeten Tylium gibt, dieser Planet hat auch noch eine Lebensfreundliche Atmosphäre.“, lächelte der Kadett.
Agatha runzelte die Stirn: „Klasse M?“
„Ma’am, ich weiß nicht, was sie damit sagen wollen.“, sagte Cal und zuckte mit den Schultern.
„Verzeihen Sie mir, Kadett. Klasse M, Mi’shara-Klasse, bedeutet, ‘lebensfreundliche Atmosphäre, relativ stabile Umwelt.`“, erklärte Agatha und Cal nickte: „Dann ist dieser Planet Klasse M.“
Sharon schaute die beiden an: „Ich möchte nicht vorzeitig die Laune ruinieren, aber wenn ich die zylonischen Navigationskarten noch genau im Kopf habe - und da bin ich mir sicher - ist dieser Planet auf einer der Flugrouten der Zylonen zu finden. Aus diesem Grunde hatte ich den Planeten verschwiegen - ich wollte nicht, dass die Flotte in die Hand der Zylonen gerät.“
Agatha seufzte und schaute Sharon an: „Wenn ich das alles richtig übersehe, brauchen wir das Tylium von diesem Planeten. Es führt kein Weg dran vorbei - wir müssen da hin.“
Cal räusperte sich: „Das mag ja alles gut und schön sein - aber falls Sie sich erinnern, Commander, haben wir eine offene Wunde auf der linken Seite. Die Backbordgondel ist vom Hauptrumpf abgetrennt - ohne diese dürfte ein Sprung sehr schwierig werden. Kurz gesagt- würde ich sagen - sitzen wir hier fest.“
„Nicht zwangsläufig.“, erklang die Stimme Tyrols, der sich anschließend in einem langen Monolog mit etlichen Fremdwörtern versehen über die Möglichkeiten, referierte, die Steuerbordgondel an die GALACTICA anzudocken. Zunächstmal bestand dieser Teil des Schiffes aus sogenannten Soll-Bruch-Stellen, das heißt, das Schiff war dazu ausgelegt, die Steuerbord- und die Backbordgondel im Bedarfsfall abzuwerfen. Diese wären mit einigen gut plazierten Enterhaken sehr leicht wieder an den Rumpf der GALACTICA anzudocken.
Sharon blickte in die Runde, schaute den Kadetten an, der sich gerade nachdenklich am Kopf kratzte.
„Alles in Ordnung, Cal?“
„Ich weiß nicht.“, gab der Kadett zu, „Ich – ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher. Ich meine, die Zylonen hatten uns, mithilfe des Föderationsschiffes DRAGONFLY in den Allerwertesten getreten und waren dann aus dem System gesprungen.“
„Jaaa?“, fragte Sharon, „Ich weiß, ich war dabei. Wo ist dein Problem?“
„Nun, ich stell mir nur die Frage: Warum haben sie das getan? Warum sind sie abgehauen?
Warum? Warum hatte man nicht die Gelegenheit genutzt, und den kompletten Konvoy zerstört? Was treibt die Zylonen an?“
Die hübsche Asiatin schaute ihn an: „Cal? Du hast doch viele Bücher geschrieben – überleg mal. Was könnte der Plan sein?“
Sie anblickend zuckte der Kadett mit den Schultern: „Wenn ich das nur wüsste.“
Nach einigen Stunden waren die Arbeiten an der GALACTICA abgeschlossen.
Dennoch war nicht allen nach Feiern zu mute.
Agatha stand im voll funktionsfähigen CIC und schluckte, kämpfte mit Macht die Tränen nieder, die ihr jetzt in die Augen stiegen.
Ihr Captain, ihr Freund, nicht nur ihr Bester Freund, sondern der Mann, den sie liebte, war fort.
Eigentlich wollte sie ab diesem Punkt nicht mehr - sie wollte das Kommando irgendjemand anderem überlassen. Starbuck beispielsweise - sie gehörte gar nicht hierher, wie konnte sie es sich anmaßen, an Bord dieses Schiffes, auf dem jetzt alles wieder seinen geregelten Gang ging, das Kommando führen zu wollen?
‘Du bist ein Dummkopf, Agatha.’, glaubte sie die Stimme Cals zu hören.
Der Kopf des ersten Offiziers ruckte hoch und sie glaubte tatsächlich, dort, im Halbschatten, die vertraute Gestalt Cals zu sehen, der sich, lässig an eine Konsole gelehnt hatte, das eine Bein auf dem Boden, das andere gegen die Wand gestemmt, die Arme verschränkt und den Kopf gen Boden gerichtet.
‘Cal’, war alles, was sie murmeln konnte.
Die Gestalt richtete sich auf.
„Ich gehe, und schau dir den Trouble an, in dem du steckst.“, erklang die Stimme aus dem Halbschatten.
Der erste Offizier wusste natürlich, das dies unmöglich sein konnte. Cal war fort - er war fort... War er doch, oder?
Sie fokussierte den Blick in den Halbschatten. Die Gestalt war immer noch da, aber, sie hatte das Gefühl, irgendwas stimme nicht.
Der Captain stieß sich von der Wand ab, wandte seinen kompletten Körper ihr zu und trat den entscheidenden Schritt ins grelle Licht der Wahrheit und der Realität. Oder vielmehr, in die normal-helle Brückenbeleuchtung.
Doch, kaum, dass er den Halbschatten verließ, verschwand sein Körper, wurde aus dem vermeintlich materiellen genau das Immaterielle, von dem sie eigentlich gefürchtet hatte, das er es wäre. Ein Hirngespinst, ein Alpdruck, ein Nachtmahr.
„Konzentriere dich, Darling. Nur so findest Du deinen Weg.“
Das waren die letzten Worte, die er ihr sagte, ehe er sich komplett aufgelöst hatte.
Sie merkte, wie eine salzige Träne ihre Wange herunterlief, wusste, dass ihr Mund sich nun verzog und wusste, dass ihr Körper nun in Zuckungen ausbrechen würde.
‘Cal, komm zurück!’, schoss es ihr durch den Kopf.
Wie schnell sich dieser Wunsch erfüllen würde, konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen - auch nicht, das die Rückkehr des Captains nicht mit der Freude und der Liebe einherging, von der sie hoffte, dass sie es tat. Doch dazu später mehr.
Die DRAGONFLY war auf Warpgeschwindigkeit gesprungen.
Das fühlte der Captain, während er aufwachte.
Woher er das wusste? Ein Captain hat für solche Geschwindigkeitsveränderungen ein Gespür.
Noch bevor der Captain richtig wach war, wusste er, dass sie auf Warp 9 beschleunigt hatten und da kein Alarm losheulte, ging er auch nicht von einem Alarmstart aus.
Was bedeutete: Irgendjemand hatte auf der Brücke verdammt gute Gründe, auf Warp 9 zu beschleunigen.
„Brücke für Captain Cat.“, erklang es aus dem Komm-Lautsprecher.
‘Und ich hatte gerade so einen schönen Traum.“, murmelte er, erhob sich und ging, schweren Schrittes, zum Kommunikationsterminal.
Er schaltete es ein und das wunderschöne Gesicht Agatha Silverbirds erschien auf dem Bildschirm.
Gab es eigentlich Zeiten, in denen sie schlief?
„Ja, Agatha, was gibt es?“, fragte er und merkte, wie ihn der Blick in das Gesicht der hübschen Frau in Mitleidenschaft zog. Es könnte natürlich auch an dem Traum liegen, den er hatte, in dem sie, in diesem roten Kleid, das Natasi getragen hatte, vor ihm stand und ihn, genau wie Natasi, zu verführen versuchte. Der Unterschied zwischen ihr und der Blonden, war, das er es bei Agatha durchaus zulassen würde.
„Sir, Botschafterin Godefrey befahl einen Sprung auf Warp 9.“, sagte Agatha und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
Godefrey also - Natasi. Na, super.
„Sie ist der Botschafter. Seit wann haben Botschafter diesbezügliche Weisungsberechtigung?“, fragte Cal mit einem, selbst für ihn ungewohnten, scharfen Kommandantentonfall, von dem er stolz war, ihn tatsächlich einmal benutzt zu haben.. Die Kamera, die Agathas Gesicht einfing, fuhr ein wenig zurück, sodass die komplette Brücke gezeigt wurde.
Natasi Godefrey saß, in ihrem knappen, roten Kleidchen, das er an Agathas weiblichem Körper gerne gesehen hätte, die langen, makellosen Beine übereinandergeschlagen, in seinem Sessel und blickte ernst drein.
„Wir haben einen Priorität Alpha Notruf von Aussenposten 3 erhalten.“, sagte sie und Cal überlegte.
Aussenposten 3? Irgendwoher kam ihm das bekannt vor, aber, woher, das wusste er nicht so recht.
„Priorität Alpha?“; fragte Cal und runzelte die Stirn.
Ein solcher Notruf wurde nichtmal bei einem extraterrestrischen Angriff gestattet, was bedeutete - Aussenposten 3 war in enormen Schwierigkeiten.
„Ich bin sofort da.“, sagte er, beendete die Verbindung und machte sich auf den Weg zur Brücke.
Schon im Turbolift stehend, bemerkte er, das es dem Captain der DRAGONFLY wohl besser zu Gesicht stünde, die Brücke nicht nur in Schlafanzughose und Pantoffeln zu betreten, schon gar nicht, wenn Agatha Silverbird in der Nähe war. Schnellen Schrittes eilte er zurück in sein Quartier, um sich umzuziehen.
Nach ungefähr 3 Stunden Flugzeit war man nur noch wenige Lichtjahre von Aussenposten 3 entfernt, konnte also schon auf aktive Sensorik umschalten.
Cal richtete sich auf und wandte sich an seinen taktischen Offizier: „Jill! Aktive Sensorik. Scanne nach feindlichen Schiffen, Sternenbasen, Raumstationen und was sonst noch so feindlich sein kann.“
„Sir, ich empfange einen Ruf von Aussenposten 3.“
„Auf den Schirm.“, befahl Cal und das Bild veränderte sich.
Aussenposten 3, eine offenbar nicht mehr ganz auf dem Neuesten Stand der Technik befindliche Sternenbasis, war in arge Mitleidenschaft gezogen worden.
Ein älterer Herr um die Sechzig herum saß inmitten von Trümmern, die offenbar sein Büro darstellten.
Beziehungsweise, was davon übrig war.
Er sprach, aber was er sagte, war nicht zu hören.
„Jill, was stimmt mit dem Ton nicht?“, fragte Cal und wandte sich an seine Taktikerin. Diese zuckte mit den Schultern: „Ich habe keine Ahnung, der Ton ist da. Wir müssten etwas hören.“
Dann, mit einem lauten Knall, war der Ton wieder da.
„… ich wiederhole, hier ist Sternbasis Aussenposten 3!“
Cal räusperte sich: „Ich bin Captain Calvin Cat von der USS DRAGONFLY . Was ist der Grund für ihren Notruf?“
„Wir werden angegriffen. Sie kommen ganz sicher aus dem outer rim.“, sagte der Kommandant von Aussenposten 3.
‘Der Outer Rim?’, dachte sich Cal, ‘der äußerste Rand? Was war los? Eine der Randwelten machte mobil?’
„Können Sie uns genauere Spezifikationen des Feindschiffes nennen?“, fragte Cal.
Der Commander der Starbase überlegte kurz: „Es war ein Kampfschiff. Ganz eindeutig. Ich habe so etwas vorher noch nie gesehen. Es kam auf uns zu, feuerte, dann war es wieder verschwunden. Aber es ist noch irgendwo hier, meine Sensoren zeigen das an.“
Ein starkes Gefühl eines Déjà-vu schlich sich in Cals Kopf.
Hier stimmte was nicht.
„Da, es kommt wieder!“, sagte der Kommandant von Aussenposten 3, „Warten Sie, ich zeige Ihnen das, was wir sehen.“
Und dann verschwamm der Bildschirm, und man konnte deutlich sehen, wie im Zentrum des pechschwarzen Alls eine kleine Turbulenz erschien, die immer größer wurde, bis schließlich ein Raumschiff erschien.
„ DRAGONFLY , können Sie uns helfen?“, erklang die Stimme des Kommandanten.
Cal hieb auf den Kommunikationsknopf, der ihn zum Maschinenraum durchstellen sollte: „Scotty, ich brauche mehr Energie!“
„Du hast schon alles, was wir anbieten können. Wenn du noch mehr bekommst, hast du n schönen Warp-Kern-Bruch.“, sagte der Chefingenieur und der Captain seufzte schwer: „Alles klar, vergiss den Befehl!“
„Sie feuern!“, sagte Jill und Cal konnte erkennen, wie tatsächlich eine Art Feuerball auf die Station zuraste.
Er merkte, wie ihm übel wurde und er wusste, das er das, was nun kam, nicht sehen und noch weniger seine Crew zumuten wollte.
„Verbindung beenden.“, sagte der Captain und irgendwie wusste er, das etwas ganz deutlich nicht stimmte.
Der Kadett stand unter der Dusche und rieb seinen Körper großzügig mit Duschgel ein, als die Tür aufging und Agatha Silverbird in selbiger stand.
Cal fuhr erschrocken herum und griff nach einem Handtuch, um seine Blöße zu bedecken.
Der erste Offizier der DRAGONFLY gab auch einen Laut der Überraschung von sich und hielt sich die Hand vor die Augen.
„Entschuldigung.“, sagte sie.
„Ich sehe, in ihrem Universum klopft man nicht mehr an?“, fragte Cal, der inzwischen sehr errötet war.
Agatha lächelte: „Eigentlich schon, aber, ich glaube…“
„Sagen Sie nicht, dass sie sich verlaufen haben.“, grinste nun Cal, schnell die Reste des Duschgels abwaschend und dann, das Handtuch vor seine Scham haltend, zur Bank gehend, wo er seine Kleidung abgelegt hatte.
Er zog sich schnell die Unterhose und die Hose an, bevor er sich an Agatha wandte: „Sie können die Hände wieder runternehmen, ich bin soweit angezogen.“
Damit zog er sich auch sein Unterhemd, sowie sein Uniformhemd an, bevor er die Uniformjacke drüberzog.
„Eigentlich wollte ich duschen.“, sagte Agatha und Cal deutete auf die Kabine: „Jetzt ist ja frei. Ich häng das Schild ‘Bitte nicht stören’ draußen an, okay?“
„Das klingt nach einer Idee.“, grinste der erste Offizier der DRAGONFLY und begann damit, sich auszuziehen.
„Commander, wo wir gerade so in vertrauter Runde beisammensitzen: Haben Sie schon mal daran gedacht, dass sie in dieser Montur nicht gerade Befehlskompetent wirken?“, fragte Cal und Agatha, die sich gerade ihr Oberteil ausgezogen hatte, warf einen Blick an sich herunter.
„Na, momentan steh ich ja nur im BH da.“, grinste sie und deutete Cal an, das es ihm jetzt mehr als frei stand, zu gehen.
Der Kadett verstand die Aufforderung, verließ den Raum, drehte sich jedoch in der Tür nochmal um, um ihren Körper zu bewundern, bevor er sagte: „Das meinte ich auch eigentlich nicht. Ich dachte da an eine koloniale Uniform.“
„Raus!“, sagte Agatha und öffnete ihren BH.
Cal gehorchte, hängte tatsächlich ein „Bitte nicht Stören“-Schild an die Tür und ging dann seines Weges - in sein Quartier.
Agatha schaute ihm verwirrt hinterher, stieg aus ihrer engen Hose, entledigte sich ihres Höschens, ihrer Socken und stieg dann, nackt, wie Gott sie geschaffen hatte, unter die Dusche, um sich ein wenig zu entspannen.
Im Besprechungsraum der DRAGONFLY war die Situation mit „angespannt“ noch ziemlich euphemistisch umschrieben. Cal saß am Kopf des Tisches, blickte in angespannte Gesichter und knirschte mit den Zähnen, was ihm einen wütenden Seitenblick von Agatha eintrug: „Cal, Gina hat Dir doch gesagt, dass Du aufpassen sollst! Wenn Du nicht enden willst wie Special Agent Zahnlücke, dann – bitte – achte auf dein Dentin und auf deine Zahnhartsubstanz.“
Die bloße Erwähnung Gibbs ließ ein Lächeln über das Gesicht des Captains laufen.
Irgendwie war die Sache, obwohl sie erst ein paar Wochen zurücklag, schon wieder viel zu lange her und irgendwie erschien ihm die Verfolgung eines sich dauerwandelnden Traceless, der gerne auch mal mit seinem Gesicht durch die Gegend lief, deutlich einfacher, als die aktuelle Situation. Gerade hatte ein Schiff unbekannter Konfiguration Erdaussenposten 3 in seine Bestandteile zerlegt und in Cals Hirn meldete sich eine verdammt laute Alarmsirene, dass er die Situation irgendwoher kannte.
Aber woher?
Und wo man schon einmal dabei war: Was brachte es, zu wissen, woher die Situation bekannt war, wenn man mit ihr nicht klarkam?
„Captain?“, riss ihn die sanfte Stimme seiner XO aus den Gedanken, „haben Sie uns gerade zugehört?“
„Natürlich nicht – die Frage hätte sie sich auch schenken können.“, fuhr es dem Kommandanten durch den Kopf, aber da er nicht vorhatte, die heutige Nacht auf der Couch zu verbringen, räusperte er sich und schaute ihr in die faszinierend-grünen Augen: „Bitte, ich war gerade ein wenig abgelenkt. Würde es Dir etwas ausmachen, dich nochmal zu wiederholen?“
Und dann sah er, wie sie ihre hübschen Augen rollte, hörte, wie sie genervt Luft ausstieß und sah, wie sie sich vorbeugte, die Hände auf die Tischplatte gestützt.
„Gut, dann hör mal genau zu.“, sagte sie und begann ihren Vortrag.
Der Captain folgte ihr mit den Augen, während sie aufstand, im Raum auf und ab ging, an den Bildschirm trat und ihn bediente.
„Ich nehme nicht an, dass Du dieses Schiff schon einmal gesehen hast?“, fragte sie und Cals Augen richteten sich auf das abgebildete Raumgefährt aus. „Naja, ich wüsste nicht, woher ich das Ding kennen sollte, aber es kommt mir tatsächlich irgendwie…“, setzte er an, zuckte dann mit den Schultern, ehe er fortfuhr: „also sehr vage bekannt vor. Könnte sein, dass ich es in den Schiffsdatenbanken mal gesehen hätte, aber… so jetzt nicht. Wieso fragst du?“
Und dann traf es ihn wie ein Schlag.
‚Merkwürdig’, schoss es Cal durch den Kopf, als er die nächste Frage stellte, die erfahrungsgemäß in dieser Situation immer passte: „Ich weiß, der Satz ist ein Klischee, aber – wer sind Sie und wo bin ich hier?“
„Dieser Satz ist wirklich ein Klischee.“, sagte sein Gegenüber und der Captain konnte sehen, wie ein gewisses amüsiertes Funkeln in Narbengesichts Augen zu bemerken war: „Sie sind auf dem Kampfstern GALACTICA . Mein Name ist Admiral William Adama.“
Cals Kopf ruckte hoch: „Erm… könnte es sich dabei um die GALACTICA handeln?“
Und von einer Sekunde auf die andere erstarrte Agatha Silverbird, schien, durch ihn hindurch zu blicken, ehe sie kurz zu Natasi blickte, die einfach nur ruhig und gelassen nickte, ehe sie sich aufrichtete und den Captain anschaute: „In der Tat. Das ist die GALACTICA .“
Cal sprang auf und schaute Natasi an. Gerade in diesem Moment erkannte er, was hier geschah, wo er war und was passierte.
Und jeder Satz, den er hätte sagen können, machte die ganze Situation lächerlich.
Er konnte ein schockiertes „Sie haben uns betäubt und hergebracht!“ schreien, aber er hatte das Gefühl, dass dies nichts bringen würde.
Stattdessen starrte er Natasi an, die sich auf den Tisch stützte: „Ich glaube, Captain – das war zu einfach, oder?“
Ein einfacher Fluchtreflex ergriff Besitz vom Körper des Captain, er trat einen Schritt zurück, bis er von zwei unglaublich sanften Händen gepackt und festgehalten wurde. Des Captains Kopf wirbelte herum und er sah in die grasgrünen Augen seiner XO, die ihn sanft und zärtlich anlächelte: „Keine Sorge, Cal – es ist alles in Ordnung.“
„Wie kannst Du da sagen, es ist alles in Ordnung?! Sie hat uns reingelegt!“, stieß der Captain hervor und Agatha zwinkerte ihm zu: „Nur dich, Cal. Und jetzt schlaf.“
TBC